Einleitung

Die digitale Transformation gilt als Schlüsselfaktor für die Zukunftsfähigkeit von Unternehmen – doch Gewohnheitsbarrieren bei der digitalen Transformation in KMU tun sich oft schwer damit, ihre bewährten Gewohnheiten aufzugeben. Obwohl 92 % der KMU die Wichtigkeit der digitalen Transformation für ihr Geschäft anerkennen​, verweilt über ein Drittel des Mittelstands weiterhin ohne jegliche Digitalisierungsaktivitäten​. Dieser Knowing-Doing-Gap lässt sich nur zu einem geringen Teil durch fehlende Ressourcen erklären; vielmehr wirken tief verwurzelte Routinen und psychologische Barrieren als unsichtbare Bremsklötze. Im Folgenden wird analysiert, wie Gewohnheit auf kognitiver und organisatorischer Ebene Veränderungen blockiert, welche betrieblichen Bereiche darunter besonders leiden und mit welchen Strategien KMU die Gewohnheits-Barriere überwinden können.

Strategien zur Überwindung von Gewohnheitsbarrieren bei der digitalen Transformation in KMU

Eine traditionelle Schreibmaschine tippt den Begriff “DIGITAL TRANSFORMATION” – sinnbildlich für den Konflikt zwischen althergebrachten Arbeitsweisen und modernem Wandel. In unserem großen Artikel und Whitepaper zum Stand der Digitalisierung im Mittelstand haben wir bereits ausführlich geschrieben. In diesem Artikel wollen wir vor allem über die Strategien zur Überwindung von Gewohnheitsbarrieren sprechen.

1. Psychologische Mechanismen der Gewohnheitsbarrieren bei der digitalen Transformation in KMU

Kognitive Trägheit und Verhaltensroutinen: Menschen neigen dazu, einmal erlernte Denkmuster und Abläufe beizubehalten – ein Phänomen, das in Organisationen als kognitive Trägheit bezeichnet wird. Diese führt dazu, dass Manager und Mitarbeiter selbst vor neuen Herausforderungen bevorzugt auf altbewährte Lösungen zurückgreifen und innovative digitale Ansätze zurückstellen oder ganz verweigern​. Verhaltensroutinen geben Sicherheit und reduzieren den mentalen Aufwand bei Entscheidungen, erzeugen aber auch Blindheit gegenüber Veränderungen. So zeigt eine Studie, dass in traditionellen Unternehmen die Kombination aus kognitiver Trägheit (Festhalten an überliefertem Wissen) und Verhaltens-Trägheit (Festhalten an bisherigen Handlungsabläufen) eine zentrale Hürde bei der Anpassung an neue technologische Umweltbedingungen darstellt​. Routinen, die „schon immer so gemacht wurden“, verleiten dazu, Warnsignale der Umwelt (etwa disruptive Technologien oder verändertes Kundenverhalten) zu ignorieren. Dadurch wird der Wandel intern gebremst, bis er oft zu spät kommt.

Status-quo-Bias und Verlustaversion: Zwei zentrale Biases aus der Verhaltensökonomie erklären, warum Entscheider in KMU häufig am Bestehenden festhalten. Der Status-quo-Bias beschreibt die übermäßige Bevorzugung des aktuellen Zustands gegenüber Veränderungen, selbst wenn Alternativen objektiv vorteilhafter wären. In KMU führt dies beispielsweise dazu, dass Führungskräfte neue IT-Systeme oder Prozesse allein deshalb ablehnen, weil die bestehende Lösung vertraut ist​. Mitarbeiter zeigen ebenfalls Status-quo-Bias, indem sie z.B. Umfragen zufolge lieber an bekannter Software festhalten, „einfach weil sie ihnen vertraut ist“​. Eng verknüpft ist hier die Verlustaversion: Veränderungen werden primär unter dem Aspekt betrachtet, was man dabei verlieren könnte – etwa Geld, Zeit oder gewohnte Kompetenzen – statt welche Vorteile winken​. Die Psychologie zeigt, dass potenzielle Verluste etwa doppelt so stark empfunden werden wie gleich große Gewinne​. Folglich erscheinen digitale Investitionen vielen KMU-Entscheidern als riskant: Der mögliche Verlust (z.B. Fehlinvestition, Produktivitätsdelle in der Umstellungsphase) wird höher gewichtet als der potenzielle Gewinn durch Effizienz und Wachstum. Dieser Verzerrungseffekt stabilisiert den Status quo.

Festhalten an Vertrautem trotz rationaler Argumente: Warum wirken selbst überzeugende Business-Cases oder externe Marktzwänge oft nicht sofort? Ein Grund ist die menschliche Tendenz, Veränderung als Bedrohung wahrzunehmen. Der Mere-Exposure-Effekt besagt, dass Vertrautes als angenehm empfunden wird – entsprechend erzeugt jede Neuerung zunächst Unbehagen. In Unternehmen spricht man auch von der „Erfolgs- bzw. Kompetenzfalle“: Solange die alte Welt noch funktioniert und Gewinne einfährt, sieht man kaum Handlungsbedarf, an den eigenen Routinen zu rütteln​. Bewährte Methoden, die gestern Erfolg brachten, werden fälschlich auch für morgen als überlegen angenommen​, selbst wenn sich Markt und Technologie bereits gewandelt haben. Dieses Festhalten am Bewährten wird durch Confirmation Bias (selektives Wahrnehmen bestätigender Informationen) weiter verstärkt – Gegenargumente pro Veränderung dringen kaum durch. Zusätzlich fehlt oft die unmittelbare Rückkopplung: Die negativen Konsequenzen der digitalen Trägheit (etwa Effizienzverluste oder verpasste Umsätze) sind nicht sofort spürbar, sondern zeigen sich zeitverzögert. Dadurch wiegt man sich in trügerischer Sicherheit. Insgesamt greifen hier also tiefsitzende psychologische Mechanismen: Die präferierte Aufrechterhaltung des Status quo aus Sicherheitsgefühl und Verlustangst blockiert rational begründete Veränderungsimpulse. Studien belegen, dass solche internen Widerstände maßgeblich zum Scheitern von Transformationen beitragen – bis zu 84 % der digitalen Transformationsprojekte schlagen (auch) aufgrund innerer Widerstände fehl​. Mit anderen Worten: Nicht fehlende Technologie, sondern die Kultur und Psychologie der Organisation ist oft der limitierende Faktor.

2. Einfluss auf bestehende Geschäftsprozesse

Gewohnheitsbedingte Beharrungstendenzen wirken sich auf nahezu alle Bereiche eines KMU aus. Tief verwurzelte analoge Prozesse verzögern oder verhindern digitale Initiativen: Beispiele sind klassische papierbasierte Buchhaltungssysteme, die trotz verfügbarer Cloud-Lösungen weitergeführt werden, oder manuelle Dateneingaben in Excel, wo ein integriertes ERP System effizienter wäre. Solche Routinen sind über Jahre gewachsen und fühlen sich für die Belegschaft „normal“ an. Die Einführung digitaler Alternativen wird dann als Störung erlebt – mit der Folge, dass neue Systeme neben den alten herlaufen oder gar scheitern, weil sie mit den etablierten Abläufen kollidieren​. Eine Studie beschreibt, dass bestehende Organisationsroutinen oft nicht mit der digitalen Umgebung kompatibel sind, was Integrationsprobleme, Verzögerungen und Fehler verursacht und die Effektivität neuer Technologien beeinträchtigt​. Wenn kein aktives Umlernen und Anpassen der Prozesse erfolgt, kann die digitale Lösung ihre Vorteile kaum entfalten.

Besonders anfällige Bereiche: In der Praxis zeigt sich die Gewohnheits-Barriere in bestimmten Unternehmensfunktionen besonders hartnäckig:

  • Administration und Buchhaltung: Viele KMU nutzen weiterhin physische Belege, handschriftliche Unterschriften oder lokale Excel-Listen. Der Wechsel zu digitalen Workflows (z.B. elektronische Rechnungsfreigabe, Cloud-Buchhaltung) wird hinausgezögert, weil Mitarbeiter mit Papierakten vertraut sind und IT-Lösungen misstrauen.
  • Vertrieb und Marketing: Traditionsreiche Verkaufsorganisationen stützen sich oft stark auf persönliche Kundenkontakte, Messen oder Print-Werbung. Neue digitale Vertriebskanäle werden ignoriert oder halbherzig betrieben, da das Vertriebsteam an den klassischen Außendienst gewöhnt ist. So verfügten z.B. vor der Corona-Krise viele kleine Einzelhändler über keinen Online-Shop – erst die Ladenschließungen zwangen sie zum Umdenken, was deren anfängliche Zurückhaltung eindrucksvoll offenlegte. Ähnliches gilt im Handwerk: Zahlreiche Betriebe vertrauen auf Mundpropaganda und Stammkundschaft und scheuen Social Media oder Plattformökonomie.
  • Kundenservice: Anfragen werden möglicherweise lieber telefonisch oder per persönlichem Kontakt geklärt, weil das Unternehmen es „schon immer so gemacht“ hat. Digitale Tools wie Chatbots oder Self-Service-Portale werden als unpersönlich abgelehnt. Die Kunden hingegen erwarten zunehmend digitale Optionen – es entsteht eine gefährliche Lücke zwischen Kundenanforderung und interner Routine.
  • Operative Prozesse: In Produktion und Logistik verhindern tradierte Abläufe (z.B. manuelle Maschinensteuerung, Papier-Lieferscheine) die Einführung von Automatisierung, Sensorik (IoT) oder digitalem Tracking. Mitarbeiter fürchten um ihre eingespielte Arbeitsweise und lehnen neue Systeme möglicherweise ab, was zu einer fehlenden organisatorischen Veränderung der Arbeitsmethoden führt und die Erträge von Digitalisierungsinvestitionen schmälert​mdpi.com.

Diese Beispiele verdeutlichen, dass nahezu jede Unternehmensfunktion anfällig sein kann, wo immer Mitarbeiter seit langem in festen Mustern arbeiten. Gerade dort, wo informelle Gewohnheiten und kulturelle Normen tief eingeprägt sind, neigen Unternehmen dazu, Versuche der Digitalisierung abzulehnen und an etablierten Routinen festzuhalten​. Eine Untersuchung in einer öffentlichen Organisation fand etwa, dass historisch gewachsene ungeschriebene Regeln sowie formale Prozeduren immer wieder technologische Innovationen blockiert haben, indem sie die Routinen der Mitarbeiter nicht angetastet haben​.

Praxisbeispiele: In der Praxis existieren zahlreiche Fälle, in denen KMU trotz des allgemeinen Digitalisierungstrends an alten Prozessen festhielten – häufig bis ein externer Druck zum Handeln zwang. Ein eindrückliches Beispiel lieferte die COVID-19-Pandemie: Plötzlich waren digital aufgestellte Unternehmen krisenfester, während viele Nachzügler mit traditionellen Prozessen ins Straucheln gerieten. So berichten Studien, dass bis Januar 2021 zwar ein Drittel der Mittelständler seine Digitalisierung ausweitete, aber weiterhin über 33 % keinerlei Digitalisierung verfolgten​ – oftmals Unternehmen, die vor der Krise „analog“ erfolgreich waren und daher keinen Änderungsbedarf sahen. Erst die Zwänge des Lockdowns (etwa Homeoffice-Pflicht, E-Commerce-Boom) zwangen diese Firmen, ihre Gewohnheiten zu durchbrechen. Ein anderes Beispiel ist die deutsche Maschinenbau-KMU-Branche: Hier galt lange das Paradigma, dass hervorragende Ingenieursprodukte für Erfolg genügen. Digitale Services oder Geschäftsmodelle (etwa datenbasierte Wartung) wurden vielfach ignoriert. Einige Unternehmen verloren dadurch den Anschluss, während agile Wettbewerber mit neuen digitalen Angeboten Marktanteile gewannen. Einzelfallstudien belegen, dass selbst offensichtliche Markttrends (z.B. der Shift zu Online-Plattformen) oft jahrelang ausgesessen werden, weil Geschäftsführung und Belegschaft auf ihr eingespieltes Modell vertrauen – bis Neueinsteiger diese Lücke nutzen​. Insgesamt zeigen solche Fälle, warum Gewohnheit im Unternehmenskontext so tückisch ist: Solange kein unmittelbarer Leidensdruck besteht, bleibt das Festhalten am Vertrauten psychologisch komfortabler als das Wagnis der Transformation.

3. Möglichkeiten zur Überwindung der Gewohnheitsbarrieren bei der digitalen Transformation in KMU

Trotz der hartnäckigen Wirkung von Gewohnheiten sind KMU nicht dazu verdammt, in der Komfortzone stecken zu bleiben. Es gibt eine Reihe bewährter Strategien, um Routinen gezielt zu durchbrechen und eine Kultur zu schaffen, in der Veränderungen akzeptierter – ja idealerweise sogar begrüßt – werden. Wichtig ist ein ganzheitlicher Ansatz, der Mensch und Organisation mitnimmt:

(a) Routinen bewusst hinterfragen: Der erste Schritt besteht darin, Gewohnheiten als solche zu erkennen und sichtbar zu machen. Führungskräfte sollten regelmäßig fragen: “Warum machen wir das eigentlich so? Gibt es inzwischen bessere Wege?” – Dieses Infragestellen des Status quo durchbricht die automatische Weiterführung ineffizienter Abläufe. Hilfreich kann ein externer Blick sein: Etwa durch Workshops mit Digital-Experten oder einen Digitalisierungs-Check, der aufzeigt, wo Prozesse im Branchenvergleich stehen. Auch Pilotprojekte dienen dazu, eingeschliffene Routinen aufzubrechen: Ein begrenztes Team probiert z.B. eine neue Software oder einen veränderten Prozess aus. Die Erkenntnisse daraus – oft positive Aha-Erlebnisse – können dann intern verbreitet werden, um Vorbehalte abzubauen. Wichtig ist, Erfolge sichtbar zu machen: Wenn ein neues digitales Verfahren deutlich Zeit spart oder Kundenfeedback verbessert, sollte dies intern kommuniziert und gefeiert werden. So lernen Mitarbeiter, dass Veränderung nicht nur Risiken, sondern greifbare Vorteile bringt.

(b) Kulturwandel und Mindset: Langfristig lässt sich die Gewohnheitsbarriere nur überwinden, wenn ein passendes Unternehmensmindset geschaffen wird. KMU haben hier sogar einen Vorteil: Ihre geringere Größe und flacheren Strukturen erlauben es, kulturelle Impulse schneller zu verankern​. Ein zentrales Element ist die Förderung einer risikotoleranten Kultur. Mitarbeiter dürfen keine Angst haben, Fehler zu machen, wenn sie Neues ausprobieren. Studien zeigen, dass das Management hier als Vorbild dienen muss: Starke Unterstützung von oben beeinflusst direkt eine risikotolerante Kultur und organisatorische Flexibilität, die für digitale Transformation nötig sind​

mdpi.com. Konkret bedeutet das: Führungskräfte kommunizieren offen, dass Wandel gewollt ist, und Fehler als Lernchancen gesehen werden. Eine solche Fehlerkultur senkt die Verlustaversion der Belegschaft, weil der subjektive „Preis des Scheiterns“ reduziert wird. Gleichzeitig sollte ein Sense of Urgency erzeugt werden, ohne Panik auszulösen – z.B. durch Aufzeigen von Markttrends und Chancen, sodass Mitarbeiter den Nutzen der Veränderung verstehen. Unternehmen können auch Anreize für Innovationsverhalten setzen (etwa Prämien oder Anerkennung für Verbesserungsvorschläge). Regelmäßige interne Kommunikation – z.B. Townhall-Meetings zum Fortschritt der Digitalisierung – halten das Thema präsent und signalisieren: Stillstand ist keine Option.

(c) Change-Management in der Praxis: Gezieltes Change-Management hilft, Widerstände systematisch abzubauen. Essenziell ist es, alle Beteiligten frühzeitig einzubeziehen und Ängste ernst zu nehmen​. Durch Workshops, Schulungen und einen offenen Dialog mit den Mitarbeitern können Wissenslücken geschlossen und Befürchtungen (z.B. „Werde ich durch Software ersetzt?“) adressiert werden​. Ein praxisnaher Ansatz ist, “digitale Botschafter” im Unternehmen zu ernennen: Das sind tech-affine Mitarbeiter aus verschiedenen Abteilungen, die als Multiplikatoren fungieren. Sie testen neue Tools, sammeln Feedback ihrer Kollegen und dienen als erste Ansprechpartner – das schafft Vertrauen und verringert Barrieren. Ebenfalls wirksam sind schrittweise Veränderungen statt brachialer Umbrüche: Statt das gesamte ERP auf einmal umzustellen, könnte man z.B. zunächst die Finanzbuchhaltung digitalisieren, dann Lager/Logistik usw. So behalten Mitarbeiter ihre Basisroutinen und gewöhnen sich Stück für Stück an neue Verfahren – die Gewohnheit wird umgelenkt statt abrupt beendet. Wichtig ist zudem die Qualifizierungsoffensive: Weiterbildung nimmt die Belegschaft mit ins Boot, gibt Sicherheit im Umgang mit neuen Technologien und mindert so den Widerstand​. Wenn Mitarbeiter spüren, dass sie befähigt werden, die neue Welt zu meistern, schwindet die Furcht davor. Schließlich darf auch das Feiern von Erfolgen nicht vergessen werden: Jede überwundene Gewohnheit (etwa erstmaliger Online-Vertrieb) und jedes Erreichen eines Digitalisierungs-Meilensteins sollte intern Anerkennung finden. Das verstärkt positive Verhaltensänderungen und schafft neue Erfolgserlebnisse, an die man sich gern “gewöhnt”.

Fallstudien-Erkenntnisse: Wissenschaftliche Untersuchungen liefern greifbare Beispiele, wie Unternehmen die Gewohnheitsfalle verlassen haben. So beschreibt eine Fallstudie des chinesischen Einzelhändlers Forest Cabin, wie konsequentes organisationales Lernen half, die mentale Trägheit zu durchbrechen und den Weg zur digitalen Erneuerung zu ebnen​. Das Unternehmen hatte zunächst stark auf bewährte Offline-Verkaufspraktiken gesetzt und Digitalinitiativen verzögert (cognitive inertia). Durch Schulungen, den Austausch von Wissen und das Experimentieren mit neuen Online-Strategien wandelte sich jedoch Schritt für Schritt die Denkweise von Management und Mitarbeitern. Dieser Lernprozess ermöglichte es, alte Routinen infrage zu stellen und neue digitale Prozesse erfolgreich zu integrieren​. Der Forest Cabin-Fall zeigt exemplarisch, dass Lernbereitschaft und Anpassungsfähigkeit wie ein Muskel trainiert werden können, um die „trägen“ Kräfte der Gewohnheit zu überwinden. Allgemein raten Experten, KMU sollten eine Kultur des kontinuierlichen Lernens und Ausprobierens etablieren – was heute erfolgreich ist, wird morgen vielleicht vom nächsten Trend abgelöst. Wer sich Wandel zur Gewohnheit macht, ist langfristig im Vorteil.

A. Handlungsempfehlungen für KMU-Entscheider

Abschließend lassen sich für Praxisakteure – Inhaber, Geschäftsführer und Führungskräfte von KMU – folgende konkrete Handlungsempfehlungen formulieren, um die psychologische Gewohnheitsbarriere aktiv anzugehen:

  1. Sensibilisieren & Reflektieren: Machen Sie sich und Ihren Mitarbeitern bewusst, wo in Ihrem Betrieb „Automatismen“ ablaufen. Führen Sie Workshops durch, in denen gezielt hinterfragt wird, ob bestehende Prozesse noch zeitgemäß sind oder aus reiner Gewohnheit beibehalten werden.
  2. Kleine Schritte statt Big Bang: Planen Sie digitale Veränderungen iterativ. Starten Sie mit Pilotprojekten in begrenztem Umfang, um Erfahrungswerte zu sammeln und Erfolgsgeschichten zu schaffen. Diese „Quick Wins“ erhöhen die Akzeptanz für größere Veränderungen.
  3. Mitarbeiter einbinden & schulen: Beziehen Sie die Belegschaft früh in Transformationsvorhaben ein. Kommunizieren Sie offen die Ziele und Mehrwerte der Digitalisierung. Investieren Sie in Weiterbildung, damit Mitarbeiter nötige Kompetenzen aufbauen – das reduziert Ängste und Widerstände spürbar​.
  4. Führung vorleben lassen: Etablieren Sie eine Vorbildfunktion des Managements in Sachen Veränderungsbereitschaft. Management und Inhaber sollten neue Tools selbst aktiv nutzen und offen über Lernprozesse sprechen. Zeigen Sie auch Bereitschaft, liebgewonnene eigene Gewohnheiten abzulegen – das signalisiert Glaubwürdigkeit.
  5. Fehlerkultur etablieren: Schaffen Sie ein Arbeitsklima, in dem Experimente willkommen sind und Fehler nicht sanktioniert, sondern analysiert werden. Wenn Mitarbeiter wissen, dass nichts Schlimmes passiert, wenn ein neues digitales Verfahren scheitert, werden sie mutiger, Altgewohntes aufzugeben. Eine solche risikotolerante Kultur erhöht nachweislich die Veränderungsfähigkeit einer Organisation​.
  6. Externe Impulse nutzen: Nutzen Sie Beratungsangebote, Netzwerke oder Mentoring von außen, um Betriebsblindheit zu vermeiden. Oft kann ein Branchenvergleich oder der Austausch mit Startups aufzeigen, welche Gewohnheiten überholt sind. Staatliche Förderprogramme (z.B. „Go-digital“) oder Mittelstand 4.0-Kompetenzzentren bieten Unterstützung, um digitale Projekte mit weniger Risiko anzugehen.
  7. Vision & Nutzen kommunizieren: Entwickeln Sie eine klare Digitalisierungsvision für Ihr KMU und vermitteln Sie diese auf allen Ebenen. Mitarbeiter müssen verstehen, wofür die Mühen des Wandels lohnen. Zeigen Sie konkrete Verbesserungen durch Digitalisierung in jedem relevanten Bereich auf (z.B. schnellere Abläufe, attraktivere Produkte, Entlastung von Routinearbeiten). Eine geteilte Vision erzeugt Zugkraft, die stärker ist als die Trägheit der Gewohnheit.

5. CEO-Partner Fazit

Gewohnheiten wirken in KMU oft wie ein unsichtbarer Widerstand, der selbst gut begründete Veränderungsinitiativen ins Stocken bringt. Psychologische Phänomene – vom individuellen Sicherheitsbedürfnis bis zur kollektiven Unternehmenskultur – führen dazu, dass der Status quo zunächst bevorzugt wird. Doch gerade in Zeiten rasanten technologischen Wandels kann das Festhalten am Alten für KMU gefährlich werden. Die Analyse hat gezeigt, dass Gewohnheit als Barriere sowohl im Kopf (Biases, Ängste) als auch im Tagesgeschäft (eingefahrene Prozesse) ansetzt. Die gute Nachricht ist: Diese Barriere lässt sich durch gezieltes Vorgehen überwinden. Entscheidend sind Bewusstmachung, ein langer Atem bei der Kulturentwicklung und das aktive Vorantreiben von Veränderungen in kleinen Schritten. KMU, die es schaffen, eine agile, lernfreudige und wandlungsoffene Kultur zu etablieren, lösen die Bremse der Gewohnheit und können die Chancen der Digitalisierung erfolgreich nutzen – denn dann wird ständige Erneuerung selbst zur Gewohnheit.

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6. Quellenverzeichnis

  1. OECD. (2023). Digitalisierung und Wettbewerbsfähigkeit von KMU. Abgerufen von https://www.oecd.org/digital/sme
  2. PwC. (2023). Digitale Transformation: Warum 75 % der Change-Projekte scheitern. Abgerufen von https://www.pwc.de/digitalisierung
  3. Mittelstand Digital. (2023). Herausforderungen der digitalen Transformation im deutschen Mittelstand. Abgerufen von https://www.mittelstand-digital.de
  4. Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI. (2022). Digitale Trägheit in KMU – Eine empirische Analyse. Abgerufen von https://www.isi.fraunhofer.de/de/publikationen/digitale-traegheit.html
  5. Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK). (2023). Digitalisierung im Mittelstand – Status quo und Potenziale. Abgerufen von https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Dossier/digitalisierung.html
  6. KfW Research. (2023). Digitalisierung im Mittelstand: Warum viele Unternehmen hinterherhinken. Abgerufen von https://www.kfw.de/PDF/Digitalisierung-im-Mittelstand
  7. Statista. (2023). Anteil der KMU mit digitalen Geschäftsmodellen in Deutschland. Abgerufen von https://www.statista.com/statistics/digital-kmu
  8. Harvard Business Review. (2022). The Psychology of Change: Why People Resist New Technologies. Abgerufen von https://hbr.org/change-resistance
  9. McKinsey & Company. (2023). Wie Unternehmen Gewohnheiten überwinden und digitale Transformation erfolgreich gestalten. Abgerufen von https://www.mckinsey.com/business-functions/digital-transformation
  10. Deloitte Insights. (2023). Verlustaversion in der Unternehmensführung: Warum Manager oft an alten Geschäftsmodellen festhalten. Abgerufen von https://www2.deloitte.com/digital-resistance